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110 Jahre Škoda

110 Jahre Škoda - eine bewegte Geschichte

Nicht viele Autofirmen können bereits einen 110ten Geburtstag feiern - Škoda aber schon. 2015 ist für das tschechische Unternehmen ein Jubiläumsjahr, denn seit 1905 gibt es Fahrzeuge jener Marke. Das Unternehmen Laurin & Klement, das die Grundlage für die Automobilproduktion für Škoda legte, wurde sogar bereits 1895 gegründet! Die Geschichte von Škoda führt vom Fahrrad-Bauer durch fünf politische Systeme zu einem der erfolgreichsten Automobilhersteller der heutigen Zeit. Ein Hollywood-Regisseur hätte die Geschichte kaum besser schreiben können.

Das Ausgangszenario ist ein relativ klassisches im Automobilbau: Ein Kunde ist unzufrieden mit dem gekauften Produkt und begegnet bei seinem Reklamationsversuch nur einer arroganten Abfuhr. Darauf beschließt der Käufer es dem Verkäufer zu zeigen und selbst ein besseres Produkt herzustellen. Die Akteure sind diesmal aber nicht Enzo Ferrari und Ferruccio Lamborghini, sondern der Buchhändler Vàclav Klement und die Dresdner Firma Seidl & Naumann. Klement hatte sich über die Qualität und Haltbarkeit seines Fahrrads geärgert und dies dem Hersteller mitgeteilt. Diesem war das jedoch ziemlich egal. Daher beschloss Klement mit Hilfe des Schlossers Vàclav Laurin in der Adventszeit 1895 die Firma Laurin & Klement zu gründen, eine Reparaturwerkstatt für Fahrräder.

Auf zwei Rädern fing es an

Aus dem Reparaturbetrieb wurde schnell ein Hersteller für Fahrräder, der 1898 das erste Zweirad mit einem Hilfsmotor ausstattete. 1899 entstand das erste Motorrad aus der böhmischen Provinz unter der Herrschaft der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie. Die Motorräder von L & K stellten sich als äußerst wettbewerbsfähig heraus, gewannen sie doch 32 der 34 Rennen in denen sie starteten. Dieser Erfolg war der Grund 1905 in den Automobilbau einzusteigen. Damit hat Škoda eine ähnliche Herkunft wie viele andere Autohersteller der damaligen Zeit, zum Beispiel Rover, Peugeot oder Opel. Alle sammelten die ersten Herstellungsfähigkeiten in der Fahrradproduktion. 1907 erfolgte die Umwandlung in die Rechtsform einer AG, einer Aktiengesellschaft. 1912 übernahm Laurin & Klement die 1907 gegründeten Reichenberg Automobil-Fabrik, dem heutigen Liberec, und war damit der größte Autoproduzent Österreich-Ungarns. Neben Autos und Motorrädern wurden auch landwirtschaftliche Maschinen, Lastwagen Omnibusse, stationäre Motoren und Straßenwalzen hergestellt. Dabei verkaufte das Unternehmen keinesfalls nur innerhalb von Europa: 40 Prozent der Exporte gingen nach Russland, sogar nach Japan, Südamerika und bis nach Neuseeland wurden Autos aus Böhmen geschippert.

Als Rüstungsproduzent während des ersten Weltkrieges, sah sich Laurin & Klement nach 1918 mit den gleichen Problemen konfrontiert wie viele andere Autohersteller dieser Zeit. Der Markt für zivile Fahrzeuge war komplett zusammengebrochen und erst 1919 kam die Produktion zögerlich wieder in Gang. Nachdem man aber keine passende Modellpalette entwickeln konnte, fusionierte der Škoda-Konzern 1925 mit dem Hersteller. Bis dahin hatte Laurin & Klement in zwei Jahrzehnten 60 verschiedene Modelle produziert.

Pionier-Rolle

Škoda war ein Pionier der Industrialisierung in der Doppelmonarchie Österreich-Ungarns. Ernst Graf von Waldstein aus dem uralten böhmischen Adelsgeschlecht gründete das Unternehmen 1859 in Pilsen. Dort produzierte er Ausrüstungen für Brauereien, Bergwerke, Zuckerfabriken und Dampfmaschinen. Bis 1881 entwickelte sich Škoda zum Technologiekonzern, der japanische, russische und südamerikanische Schlachtschiffe ebenso ausstattete wie das Kraftwerk an den Niagarafällen in den Vereinigten Staaten oder die Schleusen für den Panamakanal. Aber auch hier galt es nach dem ersten Weltkrieg die Wende vom Waffenproduzenten zur zivilen Produktion zu schaffen - und es gelang. Zunächst baute man Lokomotiven, mit der Übernahme von Laurin & Klement wurde Škoda auch zum Autobauer. Ab 1930 beschäftigte der Konzern 36.000 Mitarbeiter, als die deutschen Besatzer Böhmens aber den Konzern in die Rolle eines Lieferanten für die deutsche Wehrmacht drängten, waren es bis zu 101.000 Arbeiter.

Am 10. Mai 1945 übernahm die Rote Armee die Leitung von „Škoda Auto“ und trennte die Autosparte vom Rest des Konzerns. Am 24. Oktober folgte dann die Verstaatlichung. Die Planwirtschaft des Ostens versagte an vielerlei Stelle, so auch bei Skoda. Zwischen 1948 und 1952 entstanden rund hundert Exemplare des VOS, eine Oberklasselimousine, die gerne auch gepanzert wurde. Die erste wichtige Neuentwicklung entstand erst 1964, als der 1000 MB, bzw. 1100 MB einem großen Publikum vorgestellt wurde. Obwohl die Limousine ständig Probleme jeglicher Art hatte, sorgte die Nachfrage in Ländern des Warschauer Paktes bis 1969 dafür, dass 450.000 Einheiten entstanden. Verglichen mit Autos aus russischer oder ostdeutscher Produktion galten Škodas als innovative, schicke und sportliche Fahrzeuge.

Mit dem Westen viel Neues

1987 hatte sich die Tschechoslowakei soweit vom Sozialismus entfernt, dass es nun möglich war, zeitgemäße Produkte herzustellen. Im gleichen Jahr erschien der Favorit, dessen ansprechende und moderne Form das Designstudio Bertone in Italien entworfen hatte. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 standen westliche Interessenten Schlange, um mit der Übernahme von Škoda einen Fuß in den Wachstumsmarkt des Ostens zu bekommen. Neben Renault boten BMW und Volkswagen für die damalige „AZNP“ („Automobilové závody, národní podnik“, deutsch: Automobilwerke, Volksbetrieb). Die tschechische Regierung entschied sich für VW und die Wolfsburger integrierten Škoda am 16. April 1991 als damals vierte Marke in den Konzern.

Škoda nutzte die Plattform-Politik seiner Konzern-Mutter Volkswagen clever und verband bewährte Technik mit zurückhaltendem Design und dem niedrigen Lohnniveau der Tschechischen Republik. So entstanden Fahrzeuge, die deutlich unter dem Preislevel von VW angeboten werden konnten, den Volkswagen-Modellen jedoch kaum nachstanden. Ein Erfolgsrezept, das bis heute anhält: Im 110. Jahr des Bestehens ist Škoda als Autobauer so erfolgreich wie nie zuvor. Mehr als nur ein Grund zum Feiern also.