Vergessene Marke

Vor 100 Jahren: Omikron kam aus Berlin

Hochgeladenes Bild Richtig schnittig sahen die Omikron-Flitzer für das Taunus-Kleinautorennen aus

Vor über 100 Jahren raffte die Spanische Grippe Millionen Menschen dahin. Und wie heute gab es damals auch Omikron. Allerdings war dies nur der Name eines Autobauers aus Berlin-Charlottenburg. Dort hatte Herbert Pingel 1921 mit dem Bau eines kleinen 3/10-PS-Tourenwagens begonnen, noch unter dem Namen Omega Kleinautomobilwerke.

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Der offene Dreisitzer erhielt aber schon im Folgejahr den 15. anstelle des 24. Buchstaben des griechischen Alphabets als Markennamen, die Firma hieß fortan Omikron Kleinautobau GmbH. Der Motorwagen meldete in Heft 13/1922: "Die hochwertigsten Materialien sind bei diesem Kleinauto zur Verwendung gekommen. Der niedrige Anschaffungspreis, der geringe Verbrauch von Brennstoffen macht das ,Omikron‘-Kleinauto zu einem idealen Beförderungsmittel." Nach Hubraumerhöhung auf einen Liter (4 Steuer-PS) stieg die Motorleistung auf 12, später 16 PS. Auch eine stärkere 5/20-PS-Ausführung gab es.

Zum Kleinauto-Rennen im Berliner Grunewald-Stadion am 28./29. April 1923 traten drei 4-PS- und zwei 5-PS-Omikron an. Bestes Ergebnis war Pingels Sieg im zweiten Vorlauf in der 5-Steuer-PS-Klasse. Im 40-Runden-Endlauf ereilte ihn allerdings ein Reifenschaden, der ihn sieben Runden zurückwarf. Im Endlauf der 4-PS-Klasse hatte übrigens ein junger Mann namens Rudolf Caracciola auf Ego seinen ersten automobilen Siegeslorbeer erworben. Ein halbes Jahr später, am 30. September, fand das nächste Kleinauto-Rennen statt, diesmal mit deutlich stärkerer Konkurrenz auf der schnellen Avus. Dank gleichmäßiger Fahrweise landeten die seitengesteuerten, schmalspurigen 4-PS-Omikron, lediglich ihrer Lampen und Kotflügel beraubt, auf Rang drei und vier. Mit einer eigens gebauten Sportwagen-Konstruktion nahm die Firma im Folgejahr auch am Kleinauto-Rennen im Taunus teil.

Hochgeladenes Bild 1923 im Grunewald: Nr. 9 Hüttner auf Omikron neben Nr. 7 Niedlich auf Grade. Vor ihnen Nr. 3 Caracciola auf Ego (größtenteils verdeckt) sowie Nr. 37 Hoffmann auf Koco

Wie bei vielen der gut 80, oft unterkapitalisierten deutschen Pkw-Produzenten der Inflationszeit kamen die Vierzylindertriebwerke von Horst Steudel aus Kamenz, einem bekannten Hersteller von Einbaumotoren. Als die Hyperinflation Ende 1923 gestoppt wurde und im Mai darauf der Opel Laubfrosch erschien, war die Scheinblüte der Inflationsfirmen vorbei. 1925 endete das Kapitel Omikron, nachdem noch die Berlin-Forster Automobilfabrik in Forst bei Leipzig die Fertigung übernommen hatte.

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Die Gesamtproduktion dürfte einen mittleren dreistelligen Wert nicht überstiegen haben. Später tauchte der Name noch einmal auf: Der Schweizer Peter Kägi baute 1990 den Prototyp eines Solarautos namens Omikron. Es wird wohl einige Zeit vergehen, bis der Begriff als Marken- oder Modellname wieder Verwendung finden wird...

Hochgeladenes Bild Die kleinen 4-PS-Omikron gab es auch mit geschlossenen Aufbauten