Traumauto eines Designers: Loewys Lancia Loraymo wird 60
- 07. Oktober 2020
- Red. OLDTIMER MARKT
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Raymond Loewy war ein Meister der Formgebung und schuf mit dem Lancia Loraymo ein Auto, das bis heute polarisiert
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Erstmal vorgestellt auf dem Pariser Salon 1960 erregte die eigenwillige Formgebung die Gemüter. Dabei steckt das auf den ersten Blick unausgewogene Design voller spannender Details
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Aus dieser Perspektive wird besonders deutlich, wie weit der rüsselartige Kühlergrill über die Scheinwerfer hinaus ragt
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Ein besonderer Clou des Loraymo war der als Stoßfänger fungierende Kühlergrill. Er war exakt ins Aluminiumkleid eingepasst und in Schraubenfedern gelagert und sollte leichte Berührungen wie Parkrempler einfach wegstecken
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Das herausragende Merkmal des Loraymo ist der kleine Spoiler am Ende des Daches, der verstellbar war und der Hinterachse zu mehr Grip verhelfen sollte
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Unter der Haube des Autos, das heute der Werkssammlung Collezione Lancia in Turin gehört, steckt ein serienmäßiger Flaminia-V6
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Der Innenraum wirkt im Vergleich zum exaltierten Äußeren beinahe schlicht. Das fingerdünne Nardi-Volant stammt aus der Touring-Version der Flaminia
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Der Loraymo fährt sich quasi wie ein serienmäßiger Lancia Flaminia – hervorragend für seine Zeit
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Dass er seinem Schöpfer besonders am Herzen lag, offenbarte sich im Namen: Loraymo stand für "Loewy Raymond" und war nichts anders als seine individuelle Telegrammadresse
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Ein schöner Rücken: Von hinten sieht der ungewöhnlichste aller Lancia Flaminia weitaus gefälliger aus. Das Heck nahm bereits viel von der Formensprache des Studebaker Avanti vorweg
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Die vielen Loraymo-Anleihen am 1962 erschienenen und ebenfalls von Loewy gezeichneten Studebaker Avanti fallen aus dieser Perspektive besonders ins Auge
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Die glatte Avanti-Front ohne Grill zwischen den Scheinwerfern steht jedoch in krassem Gegensatz zum zerklüfteten Loraymo-Gesicht. Es blieb Loewys letztes Autodesign
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MARKT-Redakteur Gregor Schulz fuhr den Loraymo für Heft 1/2016. Wie Sie die Ausgabe bestellen können, lesen Sie am Ende des Artikels
Gut gebrüllt, Loewy!
Der Loraymo basiert auf einem Lancia Flaminia. Designer Raymond Loewy, der seit den frühen Dreißigern Autos enwarf, orderte bei der Turiner Firma 1959 ein Chassis des damals brandneuen Topmodells. In Zeiten, in denen handgefertigte Karosserien nach Kundenwunsch noch gang und gäbe waren, war das keine ungewöhnliche Bestellung. Auf dieser Basis baute der erfahrene Loewy, eigentlich bekannt für sein Fingerspitzengefühl für die Befindlichkeiten der Kunden am Auto, den Loraymo, der ihm offensichtlich besonders am Herzen lag. Auf dem Pariser Salon 1960 feierte er seine Premiere und erregte die Gemüter der Besucher.
Bei dem zweisitzigen Coupé hielt sich Loewy kaum an seine eigenen Grundsätze, aber der sollte ja auch nicht in Serie gehen. Hans Ulrich Wieselmann, der 1960 für Das Auto, Motor und Sport vom Pariser Salon berichtete, schrieb verhalten höflich vom "personal touch" Loewys, der dem Wagen deutlich anzusehen sei – über Geschmack lässt sich eben nicht streiten. Doch Wieselmann erwies sich bei seinem Salonbesuch als präziser Beobachter, denn er berichtete später von Details des Fahrzeugs, die viele andere angesichts des verstörenden Gesamteindrucks zweifellos gar nicht wahrnahmen.
Loewy diente der Loraymo bald als fahrender Werbeträger, als mobile Kostprobe seines Schaffens. Für einen Designer gibt es schließlich kaum eine bessere Werbung, als mit einem selbst entworfenen, und noch dazu alltagstauglichen Auto beim Kunden vorzufahren. Nach einigen tausend Kilometern verkaufte Raymond Loewy sein Auto an Lancia, die ihn noch heute in ihrer werkseigenen Sammlung pflegen.
MARKT-Redakteur Gregor Schulz ist den Loraymo gefahren und berichtete in Ausgabe 1/2016 ausführlich über Raymond Loewys eigenwilliges Gefährt. Sie können Sie in unserem Online-Shop bestellen oder hier als E-Paper lesen.