50 Jahre Volkswagen K 70 – der kühlt auch nur mit Wasser
- 15. September 2020
- Red. OLDTIMER MARKT
Fast 50 Jahre nach dem Debüt wirkt das geradlinige K-70-Design dann doch gar nicht so verstaubt
Ungeliebter Vorreiter mit harter Kante
Mittlerweile ist er rehabilitiert, der erste Volkswagen mit Wasserkühlung. Er hat eine kleine, feine Anhängerschaft gefunden, doch der Weg dahin war schiwerig. Klare Formen, großzügige Fensterflächen und moderne Technik – kaum zu glauben, dass der K 70 damals so wenig Anklang fand. Wahrscheinlich waren damals eher die Leute spießig, nicht der Wagen: Die typischen VW-Käufer waren aus Wolfsburg Betulicheres als den fortschrittlichen Fronttriebler gewohnt.
Trotz Wasserkühlung erbte der K70 die Hitzeprobleme des NSU-Prinz-Aggregats
Als der K70 – ungeliebtes, von der Neuerwerbung NSU übernommenes Stiefkind – vor 50 Jahren auf den Markt kam, war er einfach so neuartig, dass er alle überforderte, Konstrukteure wie Käufer gleichermaßen. Bei NSU sollte der K 70 die große Lücke zwischen der angestaubten Prinzen-Garde und dem revolutionären Ro 80 schließen, bei VW musste er sich zwischen 411 und Audi 100 quetschen, womit der geschenkte Gaul in Wolfsburg nicht eben Begeisterungsstürme auslöste.
Der K 70 brachte VW in die automobile Neuzeit
Nun war die hochmoderne Mittelklasse aber fertig entwickelt und katapultierte VW per Übernahme mit einem Schlag in die Neuzeit des Automobils. Im September 1970, mit eineinhalb Jahren Verspätung, begann im Werk Salzgitter aus heiterem Himmel die aufsehenerregende Ära des Reihenmotors samt Wasserkühlung und Frontantrieb. Die Tester waren von den Socken: Die vom Ro 80-Designer Claus Luthe entworfene, kantige Linie sah gut aus, die Einzelradaufhängung rundum befand sich auf der Höhe der Zeit, Innen- und Kofferraum waren riesig und der 1,6 Liter große ohc-Motor war den VW-Boxern überlegen. Zwischen 75 und 90 PS konnten die Kunden wählen, deren Mut zu Neuem zunächst allerdings mit einigen Qualitätsmängeln bestraft wurde.
Stiefkind: Im Jahr 1969 übernahm der Volkswagen-Konzern NSU und den bereits in der Entwicklung befindlichen K70 gleich mit
Die Modellpflege verlief schleppend und eher lustlos, ab 1973 stand ein aufgebohrter 1,8 Liter mit 100 PS zur Disposition und im Mai 1975 erklärte VW den Fall K 70 nach gut 210.000 gebauten Exemplaren für beendet.
Schnörkeloses Interieur. Das Schaltschema stammt vom NSU Prinz und verrät die Herkunft
Er blieb eine Übergangslösung: Mit den Eigenentwicklungen Passat, Polo, Golf und Scirocco, die mit dem K 70 technisch nichts mehr gemeinsam hatten, feierte Volkswagen längst große Erfolge in allen Klassen – ein direkter Nachflolger war schlicht unnötig. Ein leichter Preisanstieg lässt sich in den vergangenen Jahren verzeichnen: gut erhaltene Exemplare sind laut Classic-Data-Marktspiegel bei 8.500 bis 10.000 Euro notiert.
Dach- und Seitenlinie zeigen noch Designanleihen vom Ro 80