Praxis-Tipps

Mach Platz! – So dürfen Hunde im Auto mitfahren

Hochgeladenes Bild Der Halter dieses Cabrios hat die Paulibox (ab 539 Euro) mit zwei Spanngurten an stabilen Karosseriepunkten fixiert. Schaumstoffkeile sorgen für eine waagerechte Ausrichtung der Box

Hunde im Oldie sind ein Quell der Freude und beliebtes Fotomotiv – bergen aber auch die Gefahr fieser juristischer Fallstricke. Dabei lässt sich oft mit geringem Aufwand ein "Platz machen", der vor dem Auge des Gesetzes besteht

Beinahe so vielgestaltig wie Hunde selbst sind auch ihre juristischen Erscheinungsformen: Bei Jägern und Schäfern treten sie als Erfüllungsgehilfen auf. Ist ihr Wohl bedroht, werden sie wie Mitgeschöpfe behandelt. Zivilrechtlich gelten sie dennoch als – immerhin unpfändbare – Sachen. Und ein ähnlich emotionsloser Status wird ihnen als Pkw-Insassen zuteil, wo sie schlicht als Ladung betrachtet werden. Dass Hunde im Gegensatz zum Wocheneinkauf einen eigenen Kopf und die Fähigkeit haben, sich selbstständig zu bewegen, hat der Gesetzgeber dabei nicht etwa übersehen, er zielt vielmehr genau darauf ab: Denn für Ladung gilt, dass sie gesichert sein muss. Womit wir bei den herzerwärmenden Bildern knuffiger Vierbeiner sind, die mit stolzgeschwellter Brust und Cabriobrille vor den Knopfaugen auf dem Beifahrersitz thronen und ihre schwarzen Nasen in den Fahrtwind halten. Was die Zaungäste von Oldtimerveranstaltungen begeistert die Kameras hochreißen lässt, findet vor dem Auge des Gesetzes keine Gnade – jedenfalls dann nicht mehr, wenn etwas passiert. Wie Mitte der neunziger Jahre im Raum Nürnberg…

Hochgeladenes Bild Der DoggySafe (www.doggysafe.de, 190 Euro) mit integriertem Geschirr wird an Becken- oder Dreipunktgurt befestigt und dient unterwegs als "Körbchen"

Ein Geschäftsmann befuhr eine Autobahnbaustelle, als ihm sein Jagdhund ins Lenkrad sprang. Der Fahrer verriss das Steuer, durchbrach eine Behelfsleitplanke, der Wagen überschlug sich. Dabei entstand ein Schaden in Höhe von 94.000 Mark an dem Oberklasse-Auto, dessen Begleichung der Halter bei seiner Vollkaskoversicherung geltend machte. Doch die weigerte sich zu zahlen und verwies auf die sorglose Unterbringung des Hundes. Zurecht, urteilte das Oberlandesgericht Nürnberg: Der Unternehmer habe grob fahrlässig selbst einfachste Vorsichtsmaßnahmen unterlassen und müsse den Schaden selber tragen (OLG Nürnberg, Urteil vom 13.02.1997, 8U 2819/96). Ganz ähnlich hatte dasselbe Gericht ein paar Jahre zuvor bereits argumentiert, als ein Pkw-Besitzer das geplatzte Automatikgetriebe seines Wagens von der Versicherung bezahlt haben wollte. Zu dem Schaden war es gekommen, als der große Hund des Geschädigten sich auf dem Beifahrersitz bewegt und dabei den Wählhebel verschoben hatte…

Grob fahrlässig

"Kann mir nicht passieren, denn mein Hund sitzt seit Jahr und Tag brav unten im Beifahrerfußraum", mag sich jetzt mancher Tierfreund denken. Genauso hatte der Halter einer Zwergpudelhündin argumentiert, einmal mehr vor dem OLG Nürnberg, doch die Richter überzeugte er damit nicht. Was genau im Lockenköpfchen des Schrumpf-Pudels vor sich gegangen sein mag, wird wohl auf immer ein Rätsel bleiben. Jedenfalls sprang das Tier plötzlich in den Fahrerfußraum und behinderte dort Herrchens Pedalarbeit, woraufhin es zu einer Kollision kam. Die Assekuranz plädierte erfolgreich auf Leistungsfreiheit wegen grober Fahrlässigkeit gemäß Paragraf 81 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Wäre dieser Unfall mit – womöglich sogar irreversiblen – Personenschäden einhergegangen, hätte er das Leben des Pudel-Halters vollständig ruiniert.

Hochgeladenes Bild Für Hunde ab neun Kilo empfiehlt der Hersteller das Geschirr DoggySafe Big (95 Euro, für Becken- und Dreipunktgurte)

Geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Tieres gaben die Richter dem Mann für die Zukunft gleich mit auf den Weg: Er hätte die Hündin etwa auf dem Rücksitz mitführen und durch ein Gitter verhindern müssen, dass sie den Fahrer belästigt. Ein Gitter, das den schönen Oldie wie einen Gefangenentransporter aussehen lässt? Bei Zweitürern den Zugang zur Rückbank erschwert? Und sich womöglich oben in den schönen Wollhimmel bohrt? Bei solchen Aussichten werden die meisten der klassisch motorisierten Hundehalter dankend abwinken.

Dadurch riskieren sie neben dem geschilderten Versicherungsverlust ein Verwarnungsgeld, das bei zehn Euro beginnt (Sicht oder Gehör durch Ladung, Tiere etc. behindert) und bis zu 80 Euro und einem Punkt in Flensburg betragen kann, wenn die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt wurde.

Zwanzig Kilo werden zum Geschoss

Schwerer wiegt freilich das Risiko, das ein ungesichert im Auto sitzender Hund im Fall einer Kollision darstellt. In einem Crashversuch hat der ADAC nachgewiesen, dass ein 20-Kilo-Hund auf der Rückbank bei einem Aufprall mit 50 km/h mit einer halben Tonne Gewicht in den Rückenlehnen der Vordersitze einschlägt – mit fatalen Folgen für Tier und Mensch.

"Ich will Lösungen und keine Hiobs-Szenarien!", mag jetzt mancher Hundehalter denken – zurecht. Diese Lösungen gibt es, und sie sind oft sogar recht einfach zu realisieren. Denn der Gesetzgeber hat nicht haarklein festgelegt, wie Ladung – und demzufolge auch ein Hund – gesichert sein muss, sondern lediglich erklärt, dass die Sicherung "geeignet" sein muss.

Im Fall der Zwergpudelhündin hätte es beispielsweise ausgereicht, dem Tier ein Geschirr anzulegen und mit einem stabilen Punkt der Karosserie zu verbinden. Und zwar so, dass dem Tier ausreichende Bewegungsfreiheit bleibt, es dem Fahrer oder Bedienelementen des Autos aber nicht mehr nahekommen kann.

Hochgeladenes Bild Das Befestigungsgeschirr Easy Comfort von Hunter (www.wirliebenhunter.de) kostet 58 Euro und wird am eingeklickten Sicherheitsgurt befestigt. Metallösen und -schnallen halten auch den bei einem Unfall auftretenden Kräften stand

Auch größere Hunde, die auf der Rückbank mitfahren, lassen sich mit einem so genannten Transportgeschirr gut sichern. Diese Geschirre zeichnen sich durch breite, gepolsterte Gurte aus, die die Last auf den Hundekörper bei einem Unfall gut verteilen. Speziell bei größeren und schweren Tieren sollten Ösen, Verschlüsse und Befestigungshaken aus Metall gefertigt sein. Fixiert werden die Geschirre an Sicherheitsgurten – sofern diese vorhanden sind. Hat der Klassiker weder Gurte noch werksseitig vorbereitete Gurtaufnahmen, kann man diesen Umstand zum Anlass nehmen und Gurte nachrüsten, wie wir es in Heft 10/2017 beschrieben haben (nachzubestellen hier oder telefonisch unter 06131/992-101.

Wer diesen erheblichen Aufwand scheut, sucht sich einfach einen stabilen Punkt im Blech hinter der Rückbank und montiert dort mit großen Karosseriescheiben zum Abtragen der Last eine Zurröse aus dem Anhängerbau. An ihr kann ein Gurt befestigt werden, der zwischen Sitz- und Rückenfläche in den Innenraum reicht und an dem sich das Geschirr sicher einhaken lässt. Nachteil der Geschirr-Sicherung: Jene Bewegungsfreiheit, die das Tier einfach benötigt, führt im Fall eines Aufpralls zu Belastungsspitzen, da der Hundekörper erst einmal beschleunigt, bis er vom Geschirr zurückgehalten wird.

Die für Tier und Insassen bessere, aber auch aufwendigere Lösung ist eine Transportbox auf der Rückbank, die nebenbei den Vorteil hat, dass Fiffi nicht die Polster versaut. Dass sich manche dieser Boxen in die Isofix-Halterungen für Kindersitze einklicken lassen, ist möglicherweise für Oldtimerfahrer von Belang, die die Box auch in einem modernen Pkw nutzen wollen. Im Klassiker greift man mangels Isofix auf die Gurtschlösser zurück oder sucht sich erneut eigene Punkte zum Einhängen von Spanngurten, mit denen die Box gesichert wird. Die Anbieter betonen, dass sich Hunde in Boxen oft sogar geborgener fühlen als frei im Auto, sofern man sie daheim in Ruhe an ihre neuen vier Wände gewöhnt hat. Der ADAC bewertet die Boxen als sicherste Transportoption, und zwar auch deshalb, weil bei einem Unfall verletzte oder zumindest verstörte Hunde dazu neigen, Rettungspersonal anzugreifen. Der Nachteil der Boxen ist offensichtlich: Sie sind so sperrig, dass sie sich in manch kompakten Zweitürer nur mit Mühe bugsieren lassen oder gar erst im Innenraum montiert werden können. Für welche Variante sich Oldtimerfahrende Hundehalter entscheiden, hängt deshalb sehr vom jeweiligen Fahrzeug ab. Fest steht nur eins: Selbst eine provisorisch gebastelte Sicherung ist besser als gar keine.

Text Dirk Ramackers
Fotos DR/Paulibox/Hunter
d.ramackers@oldtimer-markt.de