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Ewald Kluge: Der Meister

Elf Minuten Vorsprung!

29 Jahre war Kluge alt, als er im Juni 1938 die Tourist Trophy gewann und damit zur Legende wurde. Zwar hatte im Vorjahr mit Omobono Tenni der erste „Nicht-Brite“ auf einer „nicht-britischen Maschine“ in der 250 ccm-Klasse ge­wonnen, aber 1938 war eindeutig das Jahr des Ewald Kluge: Auf seiner 250er DKW fuhr er mit 3.21.56 Stunden nicht nur neuen Strecken- und mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 125,56 km/h auch Rundenrekord - damit demütigte der Dresdener DKW-Fahrer die Konkurrenz geradezu. Sein Vorsprung auf den Zweitplatzierten Ginger Wood betrug unglaubliche elf Minuten!

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Paraderunden bei der Classic TT

In Erinnerung an Ewald Kluge, einem der großartigsten Motorsportler in der Audi-Geschichte, beteiligt sich Audi Tradition vom 23. bis 26. August an der Classic TT auf der Isle of Man. Bei den etwa 60 Kilometer langen Paraderunden setzt die histo­rische Abteilung von Audi den Komplett-Neuaufbau einer DKW SS 250 von 1938 ein, denn die Original-Maschine von Ewald Kluge existiert leider nicht mehr. Die damaligen Werk-Motorräder DKW ULD 250 mit Ladepumpe und Drehschiebersteuerung gelten allesamt als verschollen. DKW war allerdings das weltweit erste Motorradwerk, das die heute unter „Production-Racer“ bekannten Maschinen auch für private Rennfahrer anbot. Sie hießen statt ULD dann „Super Sport“. Auf solch einer Super Sport geht Ralf Waldmann an den Start der Classic TT. Der zweifache Vize-Weltmeister hat ebenfalls eine interessante Geschichte: Mit 20 Grand Prix-Siegen ist er der erfolg­reichste Pilot der Motorrad-Weltmeisterschaftschafts-Geschichte, der nie Welt­meister wurde.

Inhaltsbild Ewald Kluge: "Meister der Meister"

Zu Ewald Kluges Zeiten gab es noch keine WM, sondern Europameisterschaften. Der Isle-of-Man-Sieg 1938 war der Gipfel im Erfolgsjahr der ruhmreichen Karriere des Ewald Kluge. Von den 14 Rennen 1938 gewann der DKW-Pilot zwölf, zwei Mal wurde er Zweiter. Die einmalige Ausbeute: Europameister, Deutscher Meister, Deutscher Bergmeister und der höchst seltene Ehrentitel “Meister der Meister“ - die­sen Titel bekam nur, wer mit der höchst möglichen Punktzahl die Saison beende­te. Ewald Kluge war Ende der 1930er Jahre die Lichtgestalt der deutschen Motorrad­szene. Zwei Mal wurde er Europameister (1938/1939), vier Mal Deutscher Meister, Silvervasen-Gewinner mit der deutschen Mannschaft. Die Auto Union, für die Kluge sein Sportlerleben lang fuhr, entsandte ihn 1938 sogar nach Australien, wo er helfen sollte, diesen Markt für das einstmals sächsische Unternehmen zu erobern. Vier Mal trat Kluge nach mehr als 40-tägiger Schiffsfahrt an, vier Mal gewann er - ein Mal mit seiner 250er Maschine sogar in einem Rennen der 350er-Klasse.

Eine Rennkarriere im Zeichen der Auto Union

Ewald Kluge war der sportliche Erfolg nicht in den Schoß gefallen. Früh verlor der am 19. Januar 1909 im sächsischen Lausa geborene Junge seine Mutter. Als Taxi-Fahrer in Dresden sparte sich der gelernte Mechaniker die erste Rennmaschine, die er sich 1929 kaufte, vom Mund ab. 1934 wurde Kluge wegen seiner hervorragenden Ergebnisse von der Auto Union als DKW-Geländefahrer engagiert, bevor er 1936 Werksfahrer wurde. 1940 zog er in den Krieg und geriet 1946 in russische Gefan­gen­schaft, aus der er 1949, körperlich schwer gezeichnet, heimkehrte. Um in schweren Zeiten wieder auf die Beine zu kommen, verließ Ewald Kluge seine geliebte sächsische Heimat und zog mit der Auto Union, der er sein Leben lang treu blieb, 1950 nach Ingolstadt, wo er wieder begann, Rennen zu fahren.

Unfreiwilliges Karriereende am Nürburgring

Kluge, der wegen seiner exakten Fahrweise „Der Panther‘“ genannt wurde, musste seine Karriere allerdings 1953 aufgrund eines schweren Unfalls beim Eifelrennen auf dem Nürburgring beenden. Kluge lag fast ein Jahr in der Klinik und kehrte nie mehr auf die Rennstrecken zurück. Sein größter Wunsch, noch einmal auf der Isle of Man fahren zu können, sollte sich nicht erfüllen. Am 19. August 1964 starb Ewald Kluge in seiner zweiten Heimat Ingolstadt, gerade 55 Jahre alt. Trotz all der großen Erfolge galt Ewald Kluge, der nach seinem Unfall Mitarbeiter der Auto Union wurde, als bescheidener und stets freundlicher Mensch, dem der Nachwuchs am Herzen lag und der um seine Siege und um sein Schicksal kein großes Aufhebens machte.