Nachruf

Vector-Schöpfer Jerry Wiegert ist tot

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Gerald Wiegert, schillernder Schöpfer der Vector-Supersportwagen, ist tot. Dass nur eine Handvoll Vector gebaut wurden, ist aus heutiger Sicht egal, denn Gerald Alden „Jerry“ Wiegert hat geschafft, was keinem amerikanischen Autohersteller vor oder nach ihm gelang: Er verdrängte Ferrari und Lamborghini als meistgeträumte Jugendzimmer-Posterautos

Wiegert wurde in Dearborn (Michigan) geboren, nur einen Kurbelwellenwurf vom Ford-Hauptquartier entfernt. Sein Vater war Maschinenschlosser und Geralds Leben als Gearhead seit jeher vorherbestimmt. Er besuchte das Center for Creative Studies in Detroit und machte nach einer Zwischenstation bei GM seinen Abschluss am Art Center College of Design in L.A. Ab diesem Zeitpunkt arbeitete er als Designer und half Toyota sein CALTY-Designzentrum in Newport Beach aufzubauen. Von da an brachte er vom Jet-Ski bis zum ATV so ziemlich alles in Form. Die ersten Zeichnungen dessen, was heute als sein Vermächtnis geblieben ist, zeichnete Wiegert jedoch nachweislich schon während seiner Zeit bei General Motors. Dort wollte man jedoch nichts von einem Mittelmotorauto im Kampfjet-Design wissen. Wiegert stellte es sich damals als günstige Alternative zur Corvette vor, mit einem mittschiffs eingebauten Vierzylinder. Doch es sollte anders kommen.

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Es war das Jahr 1972, als Wiegert auf der L.A. Motor Show seinen ersten Vector-Prototyp vorstellte. Mit einem Gitterrohrrahmen aus Stahl, der mit Aluminiumpaneelen beplankt war. Der Hype um das Auto, in dem nun ein aufgeladener 5,7-Liter-Donovan-V8 auf Basis des Chevy-Small-Block steckte, nahm manische Dimensionen an, gemessen daran, dass Wiegerts „weltschnellstes Serienauto“ zu diesem Zeitpunkt nicht ansatzweise serienreif war, während er von 1000 PS fabulierte (tatsächlich waren es eher 600), jedoch vor allem daran interessiert war, Investoren für sein Projekt zu gewinnen. Von da an jagte eine Coverstory in einem Automagazin die nächste. Dabei existierten in den ersten anderthalb Jahrzehnten lediglich zwei Vector-Prototpen, von denen einer immer wieder als Coverheld herhalten musste, und zu diesem Zweck zigmal umlackiert wurde. Als ein Autor der Zeitschrift Auto Week es wagte, infrage zu stellen, ob aus dem elegant gestylten und krude umgesetzten Einzelstück jemals mehr werden würde als das Spielzeug eines einzelnen Mannes und Wiegerts Frisur mit der von Prinz Eisenherz verglich, verklagte der die Zeitschrift wegen Verleumdung – und verlor.

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Dass die von Wiegert versprochenen Fahrleistungen utopisch waren, störte indes keinen. Die Werksangabe von 389 km/h genügte sogar für einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde, der später gelöscht wurde, weil die Angabe nie verifiziert wurde. Erst 1990 startete stockend die Produktion des Wagens, der nun W8 Twin Turbo hieß. Zu den ersten Kunden gehörte Tennisprofi Andre Agassi, der der Wut über seine seine Rolle als Beta-Tester für den noch immer unausgereiften Wagen öffentlich Luft machte: "Bau mir ein Auto, das ich ohne Explosionsgefahr aus der Garage holen kann, dann kaufe ich es!" Insgesamt entstanden 19 Vector W8, bevor die Aktien-Kurse rapide sanken und Vector Aeromotive der Konkurs drohte, nachdem der Firma zwischenzeitlich bis zu 14 Millionen Dollar an Kapital zur Verfügung standen. Der Chef warf seinen Partnern Veruntreuung vor, am Ende jedoch überzeugte sein eigener Finanzchef die Aktionäre davon, dass Wiegert selbst Schuld an der Misere sei. 1993 erklärte ein Gericht Wiegerts Kündigung für rechtmäßig. Im selben Jahr kaufte die indonesische MegaTech Ltd. die Firma inklusive der Produktionsanlagen und Markenrechte.

Der Vector blieb ein Mythos der Siebziger und Achtziger, an den weder die glücklosen Le-Mans-Einsätze mit dem M12 mit Lamborghini-V12, noch die Wiederbelebungsversuche mit dem WX-8 im Jahre 2007 anknüpfen konnten. Gerald Wiegert erklärte damals in einem Interview, dass er damit beschäftigt sei, die Firma, deren Namensrechte er inzwischen wieder besaß, auf eine solide finanzielle Basis zu stellen – und versprach vorsichtshalber schon mal 1850 PS für sein Hyper-Performance Road Vehicle. Wiegerts letzter Traum blieb unvollendet. Gerald Wiegert starb am 15. Januar im Alter von 76 Jahren.

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