Auktionen im Internet

Großes Interesse, aber niedrigere Verkaufszahlen

Hochgeladenes Bild Bevor die Versteigerung im Live-Stream startete bot Classicbid Bietern ein stimmungsvolles Rahmenprogramm

Der Coronavirus bestimmt auch in der Oldtimerszene das Tagesgeschehen. Zahlreiche Klassik-Auktionen können nicht wie geplant stattfinden, wandern stattdessen als Online-Auktionen ins Internet.
Mit gemischten Ergebnissen: Während die Organisation bei verschiedenen Anbietern durchweg gut gelungen ist und in hohem Interesse resultiert, liegen die Verkaufszahlen teilweise unter denen von Vor-Ort-Veranstaltungen.

Gelungene Saisoneröffnung bei Classicbid

Seine Saisoneröffnung verlegte das Auktionshaus Classicbid aus dem rheinhessischen Grolsheim kurzerhand ins Netz. Die Herausforderung lag weniger in der technischen Umsetzung, als in dem Wunsch, dem Online-Publikum einen Mehrwert gegenüber klassischen Online-Auktionen zu bieten, sagt das Auktionshaus. Um dem emotionalen Faktor, der bei einer Klassiker-Auktion ins Spiel kommt, gerecht zu werden, startete man den Live-Stream bereits einige Zeit vor der Auktion, präsentierte ein Potpourri aus virtuellem Rundgang, Eindrücken von früheren Live-Auktionen und moderierte die Präsentation einzelner Ausstellungs- und Auktionshighlights.

Hochgeladenes Bild Dieser Porsche 911 GT2 von 1996 brachte bei der Online-Auktion von RM Sotheby's über 800.000 Euro

Großes Interesse, aber niedrigere Verkaufszahlen

Noch bevor die meisten internationalen Klassiker-Auktionatoren die für den Mai angekündigten öffentlichen Verkäufe mit der Vokabel "postponed" – "vertagt" – versahen (siehe Kasten Auktionskalender), hatte RM Sotheby's die März-Auktion in Palm Beach/Florida spontan in eine zeitbasierte digitale Auktion auf der eigenen Online-Only-Plattform umgewandelt. Das Ergebnis der vom 20. bis 28. März durchgeführten Internet-Versteigerung lohnte das Wagnis: Das Auktionshaus mit Sitz im kanadischen Blenheim registrierte nahezu 900 Bieter – davon allein 36 Prozent Neukunden – aus 44 Ländern. Die haben in sieben Tagen über 615.000-mal allein die Palm-Beach-Auktions-Website angeklickt. Das Resultat: Ein Gesamtverkauf von 13,7 Millionen Dollar und eine Erfolgsquote von 69 Prozent (ohne After-Sale-Verkäufe) aller 259 Auto- und 21 Memorabilia-Lose – bei durchschnittlich 17 Geboten pro Auto.

"Kennzeichen klassischer Oldtimer-Auktionen ist der Handel unter den Augen der Öffentlichkeit mit spannenden Bietergefechten. Dazu potenzieren Gespräche am Rande, bei denen oft dicke Geschäfte ihren Anfang nehmen, den Klassiker-Handel. Das fehlt bei Online-Auktionen."

Trotz aller zunächst imposant erscheinenden Zahlen: Das Verkaufsergebnis von "nur" 69 Prozent nach einer Erfolgsquote von rund 90 Prozent bei 26 RM-Sotheby's-Auktionen in sieben Ländern mit insgesamt 5261 verkauften Losen im Jahr 2019 zeigt, dass der Sammlerfahrzeug-Markt von Corona einen kräftigen Dämpfer erhalten hat.

Zum Vergleich illustrieren zwei Auktionen in Amelia Island/Florida die Auktions-Marktlage, bevor das Gefährdungspotential des Coronavirus weltweit richtig eingeschätzt worden war: RM Sotheby's versteigerte am 5. und 6. März 93 Prozent aller Lose, sprich: 145 Sammlerautomobile mit einem Gesamtwert von rund 35,7 Millionen Dollar. Ebenfalls 93 Prozent der angebotenen 89 Autos verkaufte Gooding zeitgleich am 6. März in Amelia Island zu einem durchschnittlichen Fahrzeugpreis von rund 250.000 Dollar.

Gut organisiert

Weniger abgehoben gestaltet die Oldtimer Galerie Toffen in der Schweiz ihre Auktionen – und machte aus der Corona-Not eine Tugend: Ebenso wie RM kurz zuvor sprang das Team um Firmenchef und -gründer Reinhard Schmidlin ins kalte Wasser und zog die für den 28. März geplante Auktion als – gut organisierte – virtuelle Versteigerung ohne Publikum, dafür mit vielen engagierten Bietern durch. Die unter der Ägide von Schmidlin durchgeführten Auktionen sind stets solide und bieten ein breit gefächertes Angebot, mit dem Schwerpunkt auf erschwinglichen Gebrauchsklassikern – so auch diesmal. Der Effekt: Von 86 Fahrzeugen wurden 53 (62 Prozent) ad hoc verkauft, 23 (27 Prozent) unter Vorbehalt und nur zehn (zwölf Prozent) blieben stehen. Bei einer Verkaufs-Gesamtsumme von rund 1,5 Millionen Euro entspricht das einem Verkaufspreis von knapp 26.100 Euro pro Auto.

Hochgeladenes Bild Auktion der Oldtimer Galerie Toffen am 28. März nur mit Online- und Telefon-Bietern als Video-Stream

Auch einige international weniger bekannte britische Auktionshäuser, wie beispielsweise H&H, veranstalten schon seit geraumer Zeit immer wieder Klassiker-Auktionen im Internet – mit guten Erfolgen. Und andere Versteigerer (Beispiel: Classic Car Auctions haben ihre aktuellen und geplanten Versteigerungen für Gebote aus dem Home-Office umgestellt.

Was Online-Auktionen fehlt

Trotz dieser neuen Entwicklungen: Kennzeichen einer klassischen Oldtimer-Auktion ist der Handel unter den Augen der Öffentlichkeit mit oftmals verkaufsstimulierenden Stimmungen und befeuert von häufig spannenden Bietergefechten. Dazu potenzieren Gespräche am Rande, bei denen oft dicke Geschäfte ihren Anfang nehmen, den Klassiker-Handel. So werden die großen internationalen Auktionshäuser nach überstandener Corona-Krise wieder zu ihren spektakulären Veranstaltungen coram publico zurückkehren. Aber: Auch Internet-Auktionen haben ihre Reize, indem sie den Kauf und Verkauf von Klassikern – quasi von zu Hause aus – erleichtern...

Hochgeladenes Bild Ein Jaguar E-Type V12 Roadster von 1973 wechselte bei der Online-Auktion der Galerie Toffen für über 92.000 Euro den Besitzer