aus nach 60 jahren

Egli am Ende

„Werte Egli Freunde, Kunden und Geschäftspartner, trotz intensiver Bemühungen konnten wir keinen NachfolgerIn für unsern Betrieb in Bettwil finden. Deshalb haben wir uns schweren Herzens entschlossen, den Betrieb einzustellen.“ Mit diesen dürren Worten kündigte die Geschäftsführung kürzlich das Ende des Traditionsbetriebs im schweizerischen Bettwil an. Laufende Aufträge würden selbstverständlich fristgerecht erledigt, neue aber nicht mehr angenommen. Für die zweite Oktoberhälfte stellt das Egli-Team einen „Garagen Sale“ in Aussicht, danach dürfte endgültig Feierabend sein.

Fritz am Prüfstand Der Meister höchstselbst am Prüfstand: Fritz W. Egli beherrschte stets Fahrwerks- und Motorenbau

Gegründet wurde der Betrieb vor 60 Jahren von Fritz W. Egli. Der hatte die Ausbildung zum Feinmechaniker als Jahrgangsbester absolviert und dann drei Jahre auf Montage in Kalifornien verbracht. Als er zurückkehrte, eröffnete Egli in einer Scheune in Berikon seine erste Werkstatt. Und nahm zwei Jahre später mit einer eigenhändig auf Lightning-Spezifikation gebrachten, rund 80 PS starken Vincent Rapide an der Schweizer Bergmeisterschaft teil – mit mäßigem Erfolg. Denn das HRD-Geröhr war vom Punch des frisierten V2 eindeutig überfordert.

Hochgeladenes Bild Im gediegenen Rahmen: Mit einer Vincent Rapide in Lightning-Spezifikation und seinem Eigenbau-Fahrwerk wurde Egli 1968 unangefochter Schweizer Bergmeister

Im Winter 1966/67 schuf der junge Tüftler daraufhin jenen Rahmen, der zur Ikone werden und den Namen Egli weltweit bekanntmachen sollte: Er bestand im Wesentlichen aus einem Stück Präzisionsstahlrohr mit 100 Millimeter Durchmesser, durch das vorne der Lenkkopf durchgesteckt und rundum verschweißt wurde, während hinten gerade, nur auf Zug oder Druck belastete Rohre eine direkte Verbindung zum Schwingenlager herstellten. Die Konstruktion war so steif, dass Egli auf Unterzüge verzichten konnte. Eine in Kegelrollen gelagerte Schwinge, Ceriani-Federelemente und ein GfK-Tank komplettierten die Egli-Vincent 1 (EV 1), die den Erbauer in der Saison 1968 unangefochten zum Schweizer Bergmeistertitel trug.

Hochgeladenes Bild Die Ikone: Die Hauptlast übernimmt ein Zentralrohr von 100 mm Durchmesser, durch das vorn der Lenkkopf geschoben und verschweißt ist

Dass das meist in edlem Nickelglanz strahlende Konstrukt über entsprechend angepasste Halteplatten im Grunde auch jeden anderen Motor aufnehmen konnte, kam Egli bei den just aufkommenden Japan-Big-Bikes zugute, deren leistungsstarke Vierzylinder die Original-Fahrwerke gnadenlos überforderten. Höhepunkt jener Ära war die Egli MRD 1, die mit ihrem turbogeladenen Kawasaki-Z900-Motor 1979 hart an der 300-km/h-Marke kratzte und als Poster bald zahllose Kinderzimmer, Schrauberstätten und Motorrad-Treffs zierte.

Hochgeladenes Bild Der Vorteil von Eglis Konstrukt: Mit angepassten Halteplatten ließ sich so ziemlich jeder Motorradmotor unter dem Zentralrohr unterbringen

Mit der MRD 1 fuhr Egli Weltrekordversuche, er trat mit einem Team im Langstreckensport an, tunte zwischendrin Corvette und importierte US-Cars im Vorkriegs-Look. Und wandte sich Anfang der Neunziger indischen Enfield zu, die er zu leichten, knapp 50 PS starken Landstraßen-Eisen veredelte. Später nahm er sich in seiner Firma, die er 1975 zu einer Aktiengesellschaft umgewandelt hatte, der Viertaktmodelle von MZ und Yamahas Vmax an. 2015 verkaufte er den Betrieb an Alexander Frei. Der damals 69-Jährige trat mit der Vorgabe an, die Firma fünf Jahre zu leiten und derweil einen Nachfolger aufzubauen. Der ist auch acht Jahre später nicht in Sicht, weswegen das Ende dieses großen Namens in der Motorradwelt wohl besiegelt sein dürfte. Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten für die Prognose, dass uns derlei Hiobsbotschaften in den kommenden Jahren vermehrt treffen werden.