Frauenpower

Dorothy Levitt: Woman on Wheels

Vor 120 Jahren: Was Bertha Benz für Deutschland war, das war in den Kindertagen des Automobils Dorothy Levitt in Großbritannien. Die technikbesessene Motorsportlerin und Journalistin avancierte am 4. Juli 1903 durch Teilnahme an den „Southport Speed Trails“ auf einem französischen Gladiator zur ersten Rennfahrerin der Welt! Levitt war zu dieser Zeit Sekretärin bei der „Napier Motor Company“ und äußerst begierig, jede Form von Fortbewegung wenigstens einmal auszuprobieren – von Pferden über Automobile und Rennboote bis hin zu Flugzeugen.

Bei Napier erkannte man nicht nur die Werbewirksamkeit des Motorsports, sondern auch die willkommene Demonstration der Tauglichkeit ihrer Fahrzeuge, wenn sogar eine Frau diese beherrschen konnte. Für weitere Renneinsätze bekam sie so regelmäßig Modelle ihres Arbeitgebers zur Verfügung gestellt. Im Jahr 1905 stellte sie den Rekord für die längste Fahrt einer Autofahrerin auf, indem sie einen De Dion-Bouton zwei Tage lang von London nach Liverpool und zurück fuhr und dafür in der Presse die Beinamen „Fastest Girl on Earth“ und „Champion Lady Motorist of the World“ erhielt.

Mit ihrem 1909 erschienenen Buch „The Woman and the Car“ ermunterte sie andere Frauen, sich für Automobile zu interessieren und wurde so eine der ersten Feministinnen im Königreich. In ihrem Lesewerk empfahl sie, dass Frauen beim Autofahren einen kleinen Handspiegel an einer gut zugänglichen Stelle tragen sollten, damit sie ihn von Zeit zu Zeit hochhalten, um beim Fahren nach hinten blicken zu können – die Geburtsstunde des Rückspiegels hatte geschlagen, noch bevor er 1914 von den ersten Herstellern eingeführt wurde. Dorothy Levitt riet auch alleinreisenden Frauen, unbedingt eine Pistole mitzuführen. Sie empfahl einen automatischen Colt, da er ihrer Meinung nach aufgrund seines relativ geringen Rückstoßes besonders gut für die Damenwelt geeignet sei.

Dorothy Levitt trat zu ihren Rennen im In- und Ausland übrigens stets in eleganten Kleidern an und verzichtete dabei ungern auf ihren modernen Mantel, einen schicken Hut, gern mit Schleier. Und sie kämpfte vehement für das Frauenrecht auf Autofahren, unterstützte die Sufragetten, hielt vielerorts Vorträge, schrieb eine eigene Kolumne in der Wochenzeitung „The Graphic“ und wurde als Fahrlehrerin für Gattin und Tochter des damaligen König Edward VII. engagiert! Nach 1910 verschwand sie aus unbekannten Gründen völlig aus der Öffentlichkeit. Erst 40 Jahre alt, wurde sie am 17. Mai 1922, nach der Einnahme einer Überdosis Morphium, tot in ihrem Bett gefunden.