Regeln und Verordnungen

Fehlkauf – was nun?

Mängelware

Der „rostfreie Top-Oldie“ erweist sich als löchrig? So nehmen Sie den Verkäufer in Haftung. Außerdem: Wie Sie sich als Anbieter vor übertriebenen Haftungsansprüchen schützen

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Im Internet haben Sie Ihren absoluten Traumwagen gesehen, einen „Alfa Giulia Spider in Topzustand, technisch einwandfrei, ohne Rost“. So stand es zumindest in der Anzeige. Spontan schlagen Sie zu. Beim ersten Werkstattbesuch folgt das böse Erwachen: Die angeblich „rostfreie“ Karosserie hat wohl etwas zu viel von der salzhaltigen Mittelmeerluft geschnuppert und ist partiell perforiert. Was tun?

Mängelfeststellung und -dokumentation

„Mangelhaft“ im Sinne des Gesetzes ist natürlich nicht alles, was Sie möglicherweise an Ihrem neuen Klassiker stört. Vielmehr ist Voraussetzung, dass das Fahrzeug tatsächlich in einem anderen als dem vereinbarten Zustand ist. Also muss zuerst festgestellt werden, was der vereinbarte Zustand, der „Sollzustand“ ist. Nicht jeder Schönheitsfehler und Defekt ist ein Mangel. Diese Frage ist hier einfach zu beantworten: In der Anzeige stand „rostfrei“, aber das stimmt nicht. Also liegt hier ein Mangel vor.
Entscheidend für diese Beurteilung ist der Zeitpunkt des so genannten „Gefahr­übergangs“, in der Regel die Übergabe des Fahrzeugs. Am besten ist es deshalb, Sie machen ein paar Fotos, möglichst unter Zeugen, sobald Sie das Fahrzeug „in Händen halten“. Bei einer „größeren Anschaffung“ kann es ratsam sein, einen Gutachter vor Abschluss des Kaufvertrages noch einmal einen kritischen Blick auf Ihren Traumwagen werfen zu lassen. Das Geld ist oft gut investiert. Hilfreich sind auch „frische“ Wert- oder Zustandsgutachten, die der Verkäufer mit übergibt.

Vor Abschluss des Kaufvertrages…

Alle Angaben des Verkäufers zum Fahrzeugzustand, also die Kleinanzeige oder eine Internetbeschreibung mit Fotos (alles ausdrucken!) sollte der Käufer gut aufbewahren. Macht der Verkäufer positive Angaben zum Fahrzeug, die für die Preisbemessung wichtig sind, sollten diese im Vertrag schriftlich festgehalten werden. Umgekehrt ist der Verkäufer gut beraten, wenn er Mängel oder einen schlechten Zustand („Verkauf als Teileträger“) ebenfalls im von beiden Parteien zu unterschreibenden Vertrag schriftlich festhält. Denn „Mängel“, die der Käufer bei Abschluss des Kaufvertrages kennt, berechtigen später nicht mehr zu Rügen.
Inhaltsbild Wenn der Käufer Mängel entdeckt, sollte er diese so schnell und so gründlich wie möglich dokumentieren. Zeigen sich Mängel (nachweisbar!) bereits innerhalb der ersten sechs Monate, erleichtert dies aufgrund spezieller gesetzlicher Bestimmungen das Vorgehen gegen einen gewerblichen Verkäufer. Auch beim Kauf von Privat ist es natürlich wichtig, nicht unnötig Zeit zu verlieren. Je eher Mängel nachweisbar festgestellt werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie schon bei Übergabe vorhanden waren und dass dies auch ein Sachverständiger im Zweifel so sieht. Bei komplizierteren Mängeln sollte der Käufer zur Ermittlung der Ursache auch ruhig einen (mit Oldtimern vertrauten und am besten auf den jeweiligen Fahrzeugtyp spezialisierten) Sachverständigen einschalten: Den Aufwand zum Auffinden der Mängelursache muss der Verkäufer bei berechtigter Mängelrüge ersetzen. Um auf das oben genannte Beispiel zurückzukommen: Die Angabe „ohne Rost“ steht hier in krassem Widerspruch zum tatsächlichen Fahrzeugzustand, sodass dem Käufer empfohlen werden muss, gegen den Verkäufer vorzugehen. Die Frage ist nur, wie…

Mängel geltend machen

Es ist leider kein Einzelfall, dass der geprellte Oldtimer-Käufer zunächst Mängel in der Werkstatt seines Vertrauens reparieren lässt und sich erst anschließend beim Verkäufer meldet. Dies kann den Oldie-Besitzer teuer zu stehen kommen, was die meisten leider zu spät bemerken. Nach dem Gesetz hat der Verkäufer nämlich ein Recht zur „Nacherfüllung“, ihm muss also Gelegenheit gegeben werden, einen Mangel, für den er einzustehen hat, selbst zu beseitigen oder beseitigen zu lassen. Handelt der Käufer hier vorschnell, kann er vom Verkäufer anschließend gar nicht oder nur unter erheblich erschwerten Bedingungen Ersatz verlangen. Also schildert man den Mangel zunächst dem Verkäufer und fordert ihn auf, diesen zu beheben. Stellt sich der Verkäufer indes quer und verweigert die Nacherfüllung, kann der Käufer selbst reparieren oder eine andere Werkstatt beauftragen. Denkbar ist auch, dass der Verkäufer zwar versucht, den Mangel zu beheben, dies aber trotz zweier Versuche nicht gelingt. In all diesen Fällen kann der Käufer dann den Mangel selbst beheben oder beheben lassen. Für die dadurch entstehenden Kosten kann er vom Verkäufer auch einen Vorschuss verlangen. Schließlich gibt es auch Fälle, in denen ein Mangel überhaupt nicht zu beheben ist, beispielsweise wenn sich herausstellt, dass ein gefälschtes Fahrzeug geliefert wurde (falsche Fahrgestellnummer).
In jedem Fall ist es aber ratsam, vor Durchführung einer solchen Reparatur den Mangel durch einen geeigneten Sachverständigen feststellen zu lassen. Besonders sicher ist ein sogenanntes selbstständiges Beweisverfahren bei Gericht, bei dem ein vom Gericht bestellter und daher objektiver Gutachter sowohl das Vorhandensein eines Mangels als auch die voraussichtlichen Reparaturkosten feststellt. Dieses Ergebnis ist dann für einen eventuell folgenden Prozess gegen den Verkäufer bindend. Der Käufer sollte einen Mangel aber nur geltend machen, wenn er sicher ist, dass tatsächlich einer vorliegt. Stellt sich etwa heraus, dass der Mangel durch Fehlbedienung des Käufers entstanden ist, drohen diesem Schadenersatzforderungen des Verkäufers.

Für welche Mängel haften Verkäufer?

Grundsätzlich haftet der Verkäufer für alle Mängel, die beim Verkauf vorhanden waren und auf die er den Käufer nicht hingewiesen hat. Dabei muss aber unterschieden werden zwischen einem tatsächlichen „Mangel“ und bloßem „normalen Verschleiß“. Hier kommt es wieder auf die Angaben des Verkäufers und die dadurch geweckten Erwartungen des Käufers an: Verschlissene Kurbelwellenlager können bei einem unrestaurierten Oldtimer mit unbekannter Laufleistung nicht reklamiert werden. Hier handelt es sich um üblichen Verschleiß, mit dem ein Käufer rechnen muss. Anders sieht es aus, wenn, wie in unserem Beispielfall, ein Fahrzeug als „Topzustand, technisch einwandfrei“ geschildert wird. Hier kann der Käufer erwarten, dass die Technik funktioniert.

Auf die Formulierung kommt es an…

Beschreibungen eines Fahrzeuges als „tadellos“ und „tipptopp“ sind juristisch unverbindliche Anpreisungen, aus denen der Käufer keine Ansprüche herleiten kann. Generell gilt: Je konkreter die Aussage des Verkäufers zur Beschaffenheit des Fahrzeugs ist, umso eher muss er sich darauf festlegen lassen.
Für Oldtimerkäufer besonders wichtig sind Angaben zu einer Restaurierung oder die Nennung von Zustandsnoten. Wird ein Fahrzeug als „restauriert“ angepriesen, bedeutet dies rechtlich, dass eine grundlegende, fachmännisch ausgeführte Befreiung von Rost und ein Schutz vor baldigem erneutem Rostbefall erfolgt ist. Ähnliches gilt für die Angabe von Zustandsnoten. Entspricht das gekaufte Fahrzeug nicht dem Zustand, der nach der zugesicherten Zustandsnote zu erwarten gewesen wäre, liegt ein Sachmangel vor mit der Folge, dass der Käufer Ansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend machen kann. Für welche konkreten Angaben der Verkäufer einzustehen hat, sollte im Zweifel ein Anwalt prüfen.
Übrigens: Der Verkäufer haftet - entgegen landläufiger Meinung - nicht nur für das, was im Kaufvertrag steht. Auch für mündlich gemachte Zusagen muss er einstehen. Der Käufer muss diese natürlich beweisen können. Auch für Angaben in einer Internet-Verkaufsannonce haftet der Verkäufer, sofern er sie nicht ausdrücklich widerruft. Es reicht nicht aus, wenn er in der Anzeige gemachte Angaben in den Kaufvertrag selbst nicht aufnimmt. Verkäufern sei daher geraten, mit der Angabe von Zustandsnoten und dem Begriff „restauriert“ sehr vorsichtig umzugehen, um keine falschen Erwartungen zu wecken und damit zusätzliche Haftungsrisiken auszulösen.

Ausschluss der Sachmängelhaftung?

Gerade private Verkäufer berufen sich bei Auseinandersetzungen gern auf einen im Kaufvertrag vereinbarten „Gewährleistungsausschluss“. Hier ist äußerste Vorsicht geboten! Oftmals sind solche Ausschlüsse nicht oder nicht vollständig wirksam, und zwar auch beim Kauf von Privat. Verwendet der Verkäufer etwa einen Muster-Kaufvertrag, wie ihn beispielsweise Automobilclubs anbieten, so sind die vorformulierten Vertragsbedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) anzusehen. Diese AGB verbieten jedoch einen vollständigen Haftungsausschluss.
Auch ein wirksamer Gewährleistungsausschluss aber erfasst nicht solche Aspekte, zu denen der Verkäufer eine ausdrückliche Beschaffenheitsangabe gemacht hat.

Verjährung der Ansprüche

Der private Verkäufer kann die Gewährleistung grundsätzlich komplett ausschließen außer für Aspekte, zu denen er konkrete Angaben gemacht hat. Ein gewerblicher Verkäufer dagegen kann auch die gesetzliche Gewährleistung nicht vollständig ausschließen, sondern allenfalls auf ein Jahr verringern.
Eine verlängerte Verjährungsfrist gilt dann, wenn der Verkäufer vorsätzlich falsche Angaben gemacht, also arglistig gehandelt hat. In diesem Fall verjähren Ansprüche gegen den Verkäufer erst nach drei Jahren. Die Frist beginnt, wenn der Käufer Kenntnis vom Mangel erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
In einem solchen Fall hat der Käufer gute Karten - und dem arglistigen Täuscher bleibt kaum eine Chance, ungeschoren davonzukommen…

Text: Michael Eckert
Illustrationen: Lothar Krebs