Premiere vor 25 Jahren

Nackte Kanone – der puristische Renault Sport Spider

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Nackte Kanone

Zufall oder Überschwang? Fest steht: Als Renault-Präsident Louis Schweitzer die studentische Fingerübung namens Spider sah und spontan den Bau einer Kleinserie beschloss, war der französische Staat gerade dabei, seinen Rückzug aus dem Unternehmen vorzubereiten. Damit ging eine Ära zu Ende, die 1944 mit der Enteignung und Verhaftung des Firmengründers Louis Renault und Gründung der Régie Nationale des Usines Renault (Staatliche Verwaltung der Renault-Werke) 1945 begonnen und 50 Jahre gewährt hatte.

Zeitgleich mit dem staatlichen Ausstieg 1996 standen die ersten von rund 1500 gebauten Sport Spider bei den Händlern und dürften die an brave Massenware gewöhnte Klientel nachhaltig irritiert haben. Denn der winzige Zweisitzer verweigerte jegliche Servo-Unterstützung und sogar Annehmlichkeiten wie eine Heizung oder Windschutzscheibe – Bauteile, die selbst bei eingefleischten Roadster-Fans nicht im Verdacht der Dekadenz stehen. Stattdessen sollte ein eigens im Windkanal entwickelter Diffusor den Fahrtwind über die Insassen leiten, was indes nur in Fahrt und nicht bei hochgeschleuderten Steinen und größeren Insekten funktionierte. Für "Warmduscher" hielt Renault freilich auch noch eine Version mit (beheizter) Frontscheibe bereit.

Hochgeladenes Bild Wie Sie sehen, sehen Sie nichts: Das spartanische Cockpit unterstreicht, worauf das Hauptaugenmerk der Fahrmaschine liegt

Angesichts dieses weitgehenden Verzichts fiel das Gewicht des in Dieppe im ehemaligen Alpine-Werk gebauten Spider mit einer knappen Tonne recht üppig aus. "Das verwundert mich nicht, denn die Karosserieteile sind recht massiv gebaut, und GFK ist nun mal schwer", lüftete Renault-Experte Jens Schäfer in unserer Kaufberatung in OLDTIMER MARKT 7/2014 das Geheimnis der versteckten Fettpölsterchen. Bei 147 PS bleibt der Fahrspaß deswegen keinesfalls auf der Strecke.

Hochgeladenes Bild Der Diffusor leitet den Fahrtwind über die Insassen. Zum Schutz vor Insekten und aufgewirbelten Steinchen empfahl Renault, dennoch einen Helm zu tragen

Fahrmaschine mit Wertsteigerung

Der Renault Sport Spider ist ein fröhliches Spielkind seiner Zeit, in der nach dem Ende des kalten Krieges eine goldene Ära anzubrechen schien. Die damalige Aufbruchsstimmung atmet der kleine Roadster mit jeder Glasfaser. Dazu kommt die rennsportliche Aufladung, als die Renault Sport Spider Trophy im Formel-1-Vorprogramm an den Start ging. Solche Cup-Autos, aber auch mit echten Cup-Teilen veredelte Spider, sind noch deutlich teurer als serienmäßige Versionen des Flitzers aus Dieppe, wie das Register auf seiner Webseite betont. Kein Wunder, dass der Solitär in der Renault-Historie seinen Aufstieg zum Sammlerobjekt im Renntempo absolviert hat: Während andere Autos aus der Roadster-Rennaisance der späten Neunziger heute mit Schnäppchenpreisen locken, liegt der kompromissloseste Teilnehmer aus dem Konkurrentenfeld mittlerweile über seinem einstigen Neupreis...

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