1974: Rallye per Pedes

Motorsport ausgebremst – Pustekuchen: es geht auch anders!

Hochgeladenes Bild Ersatz-Veranstaltung: Weil die Ölkrise 1973/74 die Austragung von Motorsportveranstaltungen verhinderte, traf sich die Fahrer-Prominenz zum Radrennen – bei strömendem Regen

Der DTM droht das Aus, der Langstreckensport verheddert sich im Reglements-Hickhack, und die Formel 1 startet erst im Juli. Viele Probleme sind hausgemacht, Corona hat das Ganze nur verstärkt. Neu ist es hingegen nicht: 1973/74 gab es bekanntlich ebenfalls ausgefallene Motorsportveranstaltungen, damals wegen der Ölkrise, die die OPEC-Staaten im Gefolge des Jom-Kippur-Krieges lostraten.

Muskelkraft statt dröhnender Motoren

Während die Königsklasse relativ unbehelligt davonkam und auch die Sportprototypensaison abgeschlossen war, fielen reihenweise Rallyes aus. So erwuchs die originelle Idee des Mainzer Automobilclubs (MAC), am 6. Januar 1974 eine Fahrradrallye zu organisieren – eine "Weltpremiere", wie es hieß. Ursprünglich war am Dreikönigstag eine internationale Rallye für Autos vorgesehen. 191 Teilnehmer ließen es sich dennoch nicht nehmen, bei der Radler-Gaudi mitzumachen, darunter namhafte Rennsportgrößen: Jochen Mass, Willi Kauhsen und Hans Schuller traten ebenso in die Pedale wie Walter Röhrl und sein Beifahrer Jochen Berger, der junge Hans Heyer und Rauno Aaltonen – bei strömenden Regen! Dennoch säumten Tausende Zuschauer die 40-Kilometer-Strecke und feuerten die PS-Bändiger auf ihren Drahteseln begeistert an. Es gab unter anderem einen Bergcup, eine Sprintprüfung sowie eine Mannschaftswertung.

Nur 17 Ausfälle waren aufgrund von Wadenkrämpfen und weiteren Widrigkeiten zu beklagen, darunter das Tandem-Gespann Hans-Christoph Mehmel/Harald Ertl. Den ersten Preis räumte Ehrhard Aspacher vom Castrol-Team ab, Mass wurde 45., Kauhsen 72. und Aaltonen landete auf Platz 95. Aber das war nicht so wichtig – am Ende fühlte sich jeder wie ein Sieger. 35.000 Liter Sprit sollen so gespart worden sein. Die Motorsportsaison 1974 musste dann weiterhin mit abgesagten Rallyes und verkürzten Langstreckenrennen auskommen. Letztere waren nach dem Ausstieg von Ferrari und Porsche zudem dünner besetzt, und auch die bei den Fans beliebten Tourenwagen Ford Capri und BMW CSL kamen seltener zum Einsatz.

Hochgeladenes Bild Links: 191 PS-Größen waren am Start, darunter auch Jochen Berger, Kurt Waldner und Rauno Aalltonen. Rechts: Hans Heyer trug sein havariertes Rad tapfer bis ins Ziel