Steyr-Puch Haflinger wird sechzig

Vielseitiges Bergpferd

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Selten war ein Modellname in der Automobilwelt treffender als bei Steyr-Puchs Haflinger. Das Fahrzeug muss fahren, wo ein Pferd noch gehen kann – so die Idee des Herstellers. Bei dem kleinen Wägelchen handelt es sich um ein kleines, leichtes Geländefahrzeug mit permanentem Allradantrieb, das erstmals vor sechzig Jahren bis ins Jahr 1974 von der österreichischen Steyr-Puch AG produziert wurde.

Der vom Heer sowie der Land- und Forstwirtschaft geforderte Geländewagen sollte den Berg hinaufkommen, nicht den Bordstein. Passagiere saßen noch serienmäßig im Freien und nicht im Feinen. Leder gab es allenfalls an den Füßen, nie an der Türverkleidung, Heizung und Scheibenentfrostung waren nur als Sonderzubehör erhältlich. Klein, wendig, sparsam und trittsicher wie das gleichnamige Arbeitspferd sollte der Haflinger sein. Sein Konstrukteur Erich Ledwinka – Sohn und auch geistiger Erbe des berühmten Tatra-Entwicklers Hans Ledwinka – gab dem Haflinger ein großes Erbe mit auf den Weg. Das Rückgrat bildete nicht wie bei anderen Geländewagen ein schwerer Rahmen, sondern ein leichtes Zentralrohr als tragendes Element, an dessen Enden Vorder- und Hinterachse befestigt waren. Angeschraubte Querträger dienten sowohl als Abstützung der Schraubenfedern wie als Auflage für die Karosserie, die an Minimalismus nicht zu übertreffen war. Eine Stirnwand samt Mulde für Pedale und Füße bildete das Passagierabteil, an das sich eine Plattform samt zweier ausklappbarer Sitze anschloss. Tank, Werkzeugkästen, Batterie und Reserverad hingen zwischen den Achsen unterhalb des Aufbaus.

Feuerwehrwagen, Pflanzenschutz-Einsatzgerät, mobiles Schweißaggregat, Seilwinde oder Schneeräumfahrzeug – Steyr-Puch sah kein Einsatzgebiet als zu schlecht beschaffen, um nicht einen artgerecht vorbereiteten Haflinger anzubieten. Neben der aufs Wesentliche reduzierten Grundversion mit offenem Führerhaus und freiliegender Pritsche bot der Hersteller Varianten mit Bordwänden, Planenverdeck, Kastenaufbau und dem bei Gartenbauamt-Bediensteten besonders geschätzten Polyesterfahrerhaus (700 und 703 AP/3) an, das besser zu heizen war, dem aber die kantige Schlichtheit des Urentwurfs fehlte.

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Eine Steigfähigkeit von 65 Prozent war mit Kriechgang drin, Schräglagen von bis zu 50 Prozent meisterte der Haflinger sicher. Die Grenze setzte weniger die Topographie als vielmehr der Mensch, der beim Bezwingen steiler Anstiege und dem Anblick strahlend blauen Himmels die Nerven behalten musste – oder verlor… Der Haflinger meisterte langsam, aber sicher beinahe jedes Hindernis, bei höherem Tempo sprang selbst der längere 703 mit seinem Plus an Radstand im Gelände wie eine Gemse.

Die vergleichsweise geringe Motorleistung anfangs nur 22 PS führt allerdings je nach Getriebe und Achsübersetzung zu einer doch niedrigen Höchstgeschwindigkeit zwischen mindestens 52 und maximal 75 km/h. Das prädestiniert den Haflinger nicht gerade für Langstrecken – er wurde eben eher für vertikale Mobilität gebaut.