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Concorso d’Eleganza Villa d’Este 2016: die Autos der Klasse C

Klasse C - Haute-Couture-Raritäten

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1952 Rolls-Royce Phantom IV

Man kann über viele relative Dinge streiten, die den automobilen Kosmos bewegen. Nicht jedoch um die Frage nach der exklusivsten Modellreihe, die Rolls-Royce jemals fertigte. Dieses Prädikat verdient unwidersprochen der Phantom IV, der von 1950 bis 1956 in nur 17 Exemplaren entstand, der den einzigen Reihenachtzylinder der Marke darstellt - und ausschließlich in die Fuhrparks von Staatschefs und gekrönten Häuptern geliefert wurde. An die englische Königsfamilie gingen fünf Wagen, an Spaniens General Franco sowie den Emir von Kuweit jeweils drei, je zwei an die Herrscherhäuser von Persien und des Irak. Den einzigen Phantom IV der Aufbauvariante Sedanca de Ville erhielt Seine Majestät Sultan Mohammed Shah, Aga Khan III, im Juni 1952. Nach seinem Tod im Juli 1957 folgten einige weitere Besitzer, darunter allein sechs Rolls-Royce-Sammler. Fünf Jahre, nachdem der ehemalige rumänische Tennis-Profi und Boris-Becker-Manager Ion Tiriac das herrschaftliche Einzelstück erwarb, fuhr er es 2016 an der Villa d’Este vor.

Motor Reihenachtzylinder, 5675 ccm Hubraum
Aufbauform Sedanca de Ville
Karossier Hooper
Besitzer Ion Tiriac (Rumänien)

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1956 BMW 503 Coupé

Auf der Frankfurter Automobil-Ausstellung 1955 war der spektakuläre, hinreißend schöne BMW 507 der einsame Star. Er stahl sogar dem BMW 503, der als Coupé und Cabriolet beim selben Anlass debütierte, die Schau. Die unaufdringliche Eleganz dieses viersitzigen Luxus-Tourenwagens, die gleichsam aus der Feder von Albrecht Graf Goertz stammt, erschloss sich eben auf den zweiten Blick - und der hierarchische Status spätestens beim Studieren der Preisliste: Der BMW 503, dessen 2,84 Meter langer Radstand dem der Limousine 502 entspricht, kostete nicht nur deutlich mehr als der extrovertierte Roadster 507 - er war sogar das teuerste deutsche Serienauto überhaupt. Dafür war er das erste mit elektrischen Fensterhebern. Und als Cabriolet, von dem bloß 139 Stück entstanden, das erste mit automatisch betätigtem Verdeck. Unter den 273mal gebauten Coupés ist das hier gezeigte eines der allerersten Exemplare.

Motor V-Achtzylinder, 3168 ccm Hubraum
Aufbauform Coupé
Karossier BMW
Besitzer Heiko Seekamp (Deutschland)

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1958 Rolls-Royce Silver Cloud I

Auch wenn dies nicht die offizielle Bezeichnung der Aufbauform ist: Es gibt wohl keinen liebenswerteren und verheißungsvolleren Terminus für eine Karosserievariante als „Honeymoon Express“. Der Begriff meint die kompromisslos zweisitzige Ausführung mit vollständig verschwindendem Verdeck - und extralangem Gepäckfach dahinter, das den erhöhten Bedarf an Reiseutensilien für sehr ausgedehnte Flitterwochen aufzunehmen imstande ist. Offenbar als Geschmackstest der frischgebackenen, sehr solventen Eheleute trägt dieses fast schon provozierend geformte Automobil ein Paar recht exponierter Heckflossen über dem typisch konservativen Silver-Cloud-Heck. Während die Bugpartie dem kundigen Betrachter die Herkunft dieser mutigen Komposition verrät: Das Unikat entstammt der Werkstatt des traditionsreichen Blech-Couturiers Freestone & Webb. Inwieweit es dessen Schicksal mitbestimmte, verliert sich im Dunkel der Geschichte. Jedenfalls war der Honeymoon Express sein letztes Werk, bevor er 1958 seine Tore für immer schloss.

Motor Reihensechszylinder, 4887 ccm Hubraum
Aufbauform Two-Seater Convertible
Karossier Freestone & Webb
Besitzer Orin Smith (USA)

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1960 Bentley S2 Continental Fastback

Aristoteles Onassis bewies Geschmack und Stilsicherheit, als er diese Ikone automobiler Eleganz orderte. Warum er seine Bestellung wenig später stornierte, ist nicht überliefert. Dennoch wurde das Fahrzeug im Mai 1960 vollendet - als einziger jemals gebauter Bentley S2 Continental Fastback. Ein Blick zurück: Im Frühjahr 1952 hatte Hauskarossier H. J. Mulliner & Co. erstmals einen „Continental Sports Saloon“ mit jener in langer Stromlinie auslaufenden Heckpartie lanciert. 1955 folgte der Bentley S Continental, dessen Fastback-Achterschiff durch modische Heckflossen flankiert wurde. Als sich der S-Type und sein Schwestermodell Rolls-Royce Silver Cloud im Herbst 1959 zur zweiten Serie wandelten, wurde der archaische 4,9-Liter-Reihensechszylinder durch den modernen V8-Leichtmetallmotor mit sechseinviertel Liter Hubraum ersetzt. Während das elegante Fließheck des zweitürigen Continental einer angedeuteten Stufenform wich. Kurz: Einen Bentley S2 Continental mit der Traumkombination des kräftigen Achtzylinders und des rasanten Fließhecks hat es nie gegeben - außer in Gestalt dieses Einzelstücks.

Motor V-Achtzylinder, 6230 ccm Hubraum
Aufbauform Coupé
Karossier Mulliner
Besitzer Fred Kriz (Monaco)

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1962 Facel Vega Facel II

Das Auto wiederzufinden, das einst der eigene Vater besaß und das man in jungen Jahren bewunderte: Für manche Liebhaber klassischer Karossen ist das eine Art Lebenstraum. Auch der Eigner dieses herrlichen Facel Vega wollte ihn sich erfüllen. Doch der Facel II, den sein Vater 1964 vom Kaufhaus-König Helmut Horten erwarb, ließ sich nicht mehr auftreiben. Ersatzweise tröstete er sich mit dem hier ausgestellten Wagen des gleichen Typs, der zuvor jahrzehntelang im Erstbesitz in Luxemburg verblieben war. Insgesamt entstanden von 1961 bis 1964 nur 183 Facel II, ein ungewöhnlich hoher Anteil davon ging an Vertreter der internationalen Hochprominenz. Dieses Exemplar ist eines von nur 71, die ab Werk mit einem manuellen Getriebe von Pont-à-Mousson ausgerüstet wurden, womit sie erheblich teuer waren als der Basistyp mit Automatik. Gleichzeitig verfügt die Handschaltversion über zwei statt einen der riesigen Carter-Vierfachvergaser, die den Chrysler-V8 von 355 auf 390 SAE-PS hochschrauben.

Motor V-Achtzylinder, 6286 ccm Hubraum
Aufbauform Coupé
Karossier Facel
Besitzer Hartmut Ibing (Deutschland)

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1968 Bentley T Coupé Speciale

Auf den ersten Blick war es eine überaus irritierende Stil-Mixtur, die mit diesem mächtigen Fastback-Coupé auf den Betrachter zurollte. Scheinwerfer vom Opel Admiral, Rückleuchten vom Fiat Dino Spider, die Dachpartie des Ferrari 365 GT 2+2 - und am Bug das klassische Bentley-Kühlergrill. Des Rätsels Lösung: Es ist ein Einzelstück, 1968 kreiert von Pininfarina. Genauer: von Paolo Martin, der im selben Jahr zum Styling-Chef des berühmten Karossiers aufstieg. Pininfarina präsentierte dieses Fahrzeug im Oktober 1968 auf der London Motor Show. Nach zwei weiteren Ausstellungen gelangte es 1969 für 15.000 Pfund (dem Gegenwert zweier serienmäßiger Bentley T) in den Besitz von Lord Hanson. Der ließ das imposante „Coupé Speciale“ in den Achtzigern modernisieren, etwa mittels zeitgenössischer Stoßfänger des Corniche Serie II. Der Rückbau erfolgte erst kürzlich, leider wurden dabei auch die Opel-Augen ersetzt. Geschichtlich bedeutsam ist das Unikat vor allem als Inspiration für den Rolls-Royce Camargue, den Pininfarina ab 1975 in Kleinserie baute - und somit als logisches Bindeglied zwischen jenem hyperexklusiven Coupé und den herrlichen zweitürigen Bentley Continental, die von 1952 bis 1966 gefertigt wurden.

Motor V-Achtzylinder, 6230 ccm Hubraum
Aufbauform Coupé
Karossier Pininfarina
Besitzer Lord Anthony Bamford (Großbritannien)

Die weiteren Klassen

Klasse A - Vorkriegs-Dekadenz
Klasse B - Supercars vor 1945
Klasse D - kompakte Sportler
Klasse E - Mut zur Andersartigkeit
Klasse F - die Autos der Stars
Klasse G - GT von 1950 bis 1975
Klasse H - Designikonen der Siebziger und Achtziger
Klasse I - Rallyefahrzeuge von 1955 bis 1985

Texte: Wolfgang Blaube