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Safari-Sieg mit Gebrauchtwagen

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Spektakulärer hätte die Abschiedsparty nicht sein können. Erst in seinem letzten Produktionsjahr krönte der erfolgreiche Volvo PV 544 „Buckel Volvo“ seine Motorsportkarriere mit einem legendären Sieg bei der härtesten Rallye der Welt, der East African Safari Rallye 1965. Am Lenkrad des schnellen Volvo saß der „fliegende Sikh“, Joginder Singh, sein Copilot war Jaswant Singh.

Inhaltsbild Der erste Anlauf ging noch schief

Bereits 1964 wollte Volvo bei der Safari-Rallye beweisen, dass ihre Autos überdurchschnittliche Nehmerqualitäten aufweisen. Die Motorsportabteilung schickte vier sorgfältig vorbereitete PV 544 nach Kenia, ausgestattet mit einem auf 130 PS leistungsgesteigerten B18-Motor, verstärkter Vorderradaufhängung, vorderen Scheibenbremsen, zwei Benzintanks sowie einem soliden Unterfahrschutz. Doch es lief alles andere als rund für das Volvo-Team: Durch einen Streik trafen die Autos derart spät ein, dass Trainings- und Probefahrten nicht mehr möglich waren. Zudem war die Rallye in jenem Jahr absolut gnadenlos. Von 94 gestarteten Wagen erreichten nur 21 das Ziel. Darunter nur einer der Werks-PV 544, der allerdings aufgrund massiver Zeitüberschreitung nicht mehr in der Wertung lag.

Nach dieser Safari blieb einer der Rallyewagen beim kenianischen Importeur Amazon Motors, wo Joginder Singh auf das Fahrzeug aufmerksam wurde. Der Kenianer Singh brachte zu diesem Zeitpunkt bereits die Erfahrung aus mehreren Safari-Starts mit. Außerdem hatte er sich für die Saison 1964 bei Amazon Motors einen Volvo PV 544 geliehen, mit dem er bei kleineren afrikanischen Rallyes startete.

Rallyeauto auf Raten

Fünf Monate vor dem Start zur 13. Safari Rallye im April 1965 einigte sich Joginder Singh mit Amazon Motors auf einen Ratenkauf jenes zurückgelassenen Volvo PV 544. Vor dem neuen Einsatz musste das unfallbeschädigte Fahrzeug - das überdies bereits zwei komplette Rennsaisons hinter sich hatte - neu aufgebaut und abgestimmt werden. Eine Arbeit, die Joginder Singh gemeinsam mit seinem Bruder und Beifahrer Jaswant erledigte. Obwohl die Brüder Singh bereits mehrfach durchaus erfolgreich mit anderen Marken bei der Safari gestartet waren, traute den beiden Turban tragenden Sikhs niemand viel zu.

Inhaltsbild Hinzu kam vermeintliches Pech bei der Startnummernverlosung. Joginder und Jaswant Singh mussten als erste starten, was bisher kaum jemandem Glück gebracht hatte. Die erste Wertungsprüfung wurde bei trockener Witterung gefahren, zum Vorteil der das Feld anführenden Brüder, die sich so nicht im Blindflug durch die dichten Staubwolken Vorausfahrender kämpfen mussten. Die zweite Etappe führte dann über rutschige Strassen und durch regelrechte Schlammlöcher. Aber der Volvo lag weiter in Führung, zumal die Brüder eine spezielle Technik entwickelt hatten, um sich aus dem Schlamm zu befreien. Am Heck des Volvo waren zwei Griffe angebracht. An diesen hielt sich Jaswant fest, während er schaukelnd auf der hinteren Stoßstange stand, um mehr Druck auf die schmal bereiften Antriebsräder auszuüben.

Am fünften Rallyetag fuhren die Gebrüder Singh dann in Nairobi über die Ziellinie - eine Stunde und 40 Minuten vor dem Zweitplatzierten! Joginder Singh wird seitdem voller Bewunderung „Fliegender Sikh” genannt - nie gewann ein Safari-Sieger mit größerem Vorsprung.

Dauerleihgabe im Volvo Museum

Nach diesem einzigartigen Sieg annullierte Amazon Motors umgehend den Ratenkaufvertrag mit Joginder Singh, um dem Rallyechampion den Volvo PV 544 zu schenken. Das Safari-Siegerauto ist bis heute im Besitz der Familie Singh, nach einer Restaurierung erhielt es aber einen Ehrenplatz im Volvo Museum in Göteborg.

Joginder Singh gelangen in den 1970er Jahren noch zwei weitere Siege bei der Safari. In allen Interviews aber betonte der 2013 im Alter von 81 Jahren verstorbene Singh, dass der Volvo PV 544 sein Lieblingsauto ist.