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Die wundersame Vermehrung der Scheunenfunde

Inflation der Scheunenfunde

Wenn es im Moment zwei Wörter gibt, die in der Oldtimerszene permanent in aller Munde sind, dann sind das die Begriffe Wertsteigerung und Scheunenfund. Tatsächlich wird gerade das Wort Scheunenfund in der letzten Zeit geradezu inflationär verwendet. In Kleinanzeigen oder Auktionen ist gefühlt jeder zweite Klassiker in restaurierungswürdigem Zustand angeblich ein echter Scheunenfund - eine herzerweichende Story gibt’s meist gratis obendrein.

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Der Erfolg gibt jenen Verkäufern recht. Das beste Beispiel in der jüngeren Vergangenheit ist wohl die Versteigerung der Baillon-Sammlung auf der Pariser Retromobile, die mit teils erstaunlichen Preisen endete. Besucher berichteten davon, dass von den Autos bei der Präsentation ein echter Zauber ausgegangen wäre. Andere suchten dagegen die kaputten Glühbirnen in dem doch arg dunklen Ausstellungsbereich…

Inhaltsbild Eine Frage der Inszenierung

Denn letztlich ist der Terminus "Scheunenfund" immer nur eine Sache der Inszenierung. Bei besonders hochpreisigen Fahrzeugen wird die Entdeckung meist in wildromantischen Ambiente und bei schummriger Beleuchtung von einem professionellen Lichtbildner in Szene gesetzt. Nur selten dürften dabei die realen Fundgegebenheiten herrschen. Ein bisschen Stroh hier, ein wenig Krempel da, und schon entsteht die perfekte Atmosphäre, um beim Betrachter ein Gefühl auszulösen. Nämlich das, dass er selbst dabei gewesen ist, selbst das knarzende klapprige Scheunentor zur Seite gestemmt und dann in der Dunkelheit des bäuerlichen Verschlags eine unglaubliche Preziose im Dornröschenschlaf entdeckt hat.

Jeder, der solch einen Moment schon einmal erlebt hat, weiß um diese Kribbeln, dieses Indiana-Jones-Gefühl. Und jeder Oldtimerliebhaber, dem dieses Glück noch nicht zuteil wurde, malt sich in Gedanken aus, wie dieser Moment wohl ablaufen würde - und hofft insgeheim, dass ihm auch bald selbiges geschieht. Falls nicht, besteht ja immer noch die Möglichkeit, sich einen bereits gefunden Schatz zu kaufen. Ist ja auch einfacher, als jahrelang erfolglos auf Suche zu gehen…

Schlechter Zustand oder Scheunenfund?

Aber ist jetzt jeder unrestaurierte oder kaputte Oldtimer gleich ein Scheunenfund? Reicht es aus, auf einen halbwegs vergammelten Wagen einen Ballen Stroh auszubreiten? Ist der Klassikerfreund wirklich so simpel gestrickt? Früher war ein schlechter Wagen einfach ein schlechter Wagen. In Bewertungskriterien ausgedrückt: Zustandsnote fünf. Mittlerweile wird jedoch die Geschichte hinter dem Auto zunehmend wichtiger bewertet.

Inhaltsbild So wie beim Aston Martin DBS, den das Auktionshaus Coys im Programm hat. Früher hätte die Aussage "der letztgebaute DBS" gereicht, um potentielle Käufer in Verzückung zu bringen. Heute muss es laut Eigenwerbung schon der "Ultimate Barn Find", der ultimative Scheunenfund, sein. Die Frage, ob das Auto jemals in seinem Leben eine Scheune von innen gesehen hat, oder wirklich auf irgendeine Art und Weise gefunden wurde, zerstört dabei nur die romantische Illusion.

Echt oder nicht?

Am Ende muss jeder für sich selbst entscheiden, was ein echter Scheunenfund ist, und was nicht. Doch je häufiger der Begriff - gerade im Zusammenhang mit einem Verkauf - verwendet wird, umso schaler wird der Beigeschmack. Und der färbt dann leider auch auf die wirklich seltenen und sensationellen Funde ab.